Bei den Inflationsaussichten sind die Einschätzungen aber eher widersprüchlich.
Heike Fürpaß-Peter: Das stimmt natürlich. Wir sind in einem typischen „Ja, aber“- und „Nein, weil“-Stimmungsumfeld. Ja, es könnte zu einer länger andauernden Inflation kommen, da die Märkte in der Folge von Covid-19 – und eigentlich schon seit der Finanzkrise 2008 – mit billigem Geld geflutet wurden. Aus gutem Grund, schließlich ging es darum, Schlimmeres zu verhindern. Wenn dieses Geld aber jetzt auf ein knapperes Güterangebot trifft, werden die Preise für viele Güter steigen. Zudem haben sowohl die europäische als auch die US-Zentralbank Inflationsziele für eine Beschleu-nigung der wirtschaftlichen Aktivitäten. Der magische und vielfach erwähn-te Begriff lautet „Reflation“. Auf dem Weg zu einem höheren Preisniveau kann es erst einmal zu einem „Überschießen“ kommen, das heißt, die Infla-tionsrate kann bzw. darf kurzzeitig höher liegen, um dann im Mittel das angestrebte Ziel von zwei Prozent zu erreichen.
Und was sagt die „Nein, weil“-Fraktion?
Heike Fürpaß-Peter: Die Stimmen gegen eine langfristig anhaltende Inflation begründen ihren „Inflationspessimismus“ vor allem mit einem Faktor, der letztendlich den größten Einfluss auf das Entstehen von Inflation hat: die Erhöhung der Löhne. Noch ist die Wirtschaft in einem Covid-19-Szenario gefangen. Die Begleiterscheinungen sind unter anderem Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit. Allerdings kann in den USA derzeit
ein besonderes Phänomen beobachtet werden: In einigen Branchen scheinen Arbeitskräfte so knapp zu sein, dass trotz des allgemeinen Umfelds die Löhne steigen.